Wirtheim, wahrscheinlich im 7. Jahrhundert als fränkische Siedlung
auf einem Schwemmkegel zwischen Kinzig und Bieber gegründet
(darauf verweisen auch die Silben „Wirt“ und „Heim“), hatte seine
erste urkundliche Erwähnung, als 976 Kaiser Otto II (973-983) die
Orte Wirtheim, Kassel und Höchst dem kurz zuvor gegründeten
Stift St. Peter und Alexander in Aschaffenburg schenkte.
Da die sumpfigen Kinzigauen mit ih en Auenwäldern schwer zu
passieren waren, führten die wichtigen Verbindungswege in dieser
Zeit über die Höhen des Vogelsbergs (Hohe Straße / Reffenstraße)
und den Spessart (Eselsweg / Birkenhainerstraße). An der engsten
Stelle zwischen den beiden Gebirgen gab es im Wirtheimer Kessel
an der Brückeneiche eine Furt durch die Kinzig und damit eine
Verbindung dieser Höhenwege.
Erst im 12. Jahrhundert gewannen die ersten Straßen, die über
die Terrassen verliefen, im Kinzigtal an Bedeutung. Die Straße aus
Richtung Höchst verlief durch die „Langeloh“ zum Wirtheimer
Untertor, durch den Ort zum Obertor und weiter zum Aufenauer
Berg. Diese Strecke war dann Teil des internationalen Handels-
weges, der „Via Regia“, der unter anderem von Santiago de
Compostela nach Kiew verlief und durch Frankfurt, Hanau und
Leipzig führte.
Auf Grund seiner Lage konnte sich Wirtheim als Etappenort zwischen
den Königshöfen Gelnhausen und im Raum Salmünster etablieren.
Seit im Biebergrund Erz abgebaut und in Orb Salz gesiedet wurde,
gewann Wirtheim als Umschlagsort dafür weiter an Bedeutung.
Nach Verleihung der Stadt- und Marktrechte 1365 durch Karl IV
befestigte man den Ort mit einer Stadtmauer, die Bürgern und
Durchreisenden zur Sicherheit diente und von der noch heute Teile
erhalten sind.
Seine Lage an einer wichtigen Handelsroute verschaffte Wirtheim
gute Einkünfte, so unter anderem durch Vorspanndienste zum
Überqueren der Pässe, Pflastergeld und Zolleinnahmen. Doch es
hatte nicht nur wirtschaftliche Vorteile. Oft wurde der Ort von
kriegsführenden Heeren und marodierenden Banden durchzogen
und geplündert. Auch Napoleon hinterließ 1813 eine Spur von
Zerstörung, Krankheit und Tod.
Wirtheim hatte viele Herren, prägend aber war seine Zugehörig-
keit zu Kurmainz. Durch die Gründung des Deutschen Zollvereins
1834 verlor Wirtheim die Aufgabe als Zollstelle und das Recht
Pflastergeld zu erheben. Zudem wu de die im „Löwen“ einge-
richtete Poststelle 1853 nach Orb verlagert. Dadurch verringerte
sich die Bedeutung der Stadt Wirtheim zu einer landwirtschaftlich
orientierten Gemeinde.
Doch bis zum heutigen Tage ist die jahrtausende alte west-östliche
Verkehrsverbindung für Wirtheim prägend. Die am 01.05.1867 in Be-
trieb genommene Eisenbahnstrecke verläuft durch das Kinzigtal, wie
auch heute die Kinzigtal-Autobahn (A66). Viele Bewohner Wirtheims
verdienen ihren Lebensunterhalt nicht mehr im Ort, sie pendeln zur
Arbeit in das Rhein-Main-Gebiet. Die Nord-Südverbindung, vom
Vogelsberg kommend, und nach Lohr führend ist heute eine Bundes-
straße.
Auf der Rückseite ist die gleiche Eingravierung wie sie auf der Vorderseite war: 23 Meilen nach (Stadt) Kassel, 4 Meilen nach Hanau. An der Nord- und Südseite ist der Standort des Meilensteins zu lesen (Wirtheim). Darunter stehen die jeweiligen nächsten Orte „Höchst“ und. „Aufenau“. Die Nord - und Westseite zeigt Einschläge vom Beschuss am Ende des 2. Weltkrieges 1945.
Es wurde 1780 teilweise auf der alten Stadtmauer erbaut, die noch deutlich zu erkennen ist. Das Gebäude umfasste Wohnhaus, Zimmermannswerkstatt und Scheune mit Stall. Im 19. Jahrhundert wurde das Wohnhaus mehr mals erweitert. Der heutige gute Zustand des Hauses resultiert aus Renovierungen, die bis 1984 vorgenommen wurden.
Bürger- und Geschäftshaus auch „Försters Haus“ genannt nach dem früheren Besitzer, Wilhelm Appel, in Wirtheim bekannt als „Försters Willi“, wurde um 1720 ursprünglich wohl als Bäckerei errichtet. Bis Mitte des letzten Jahrhunderts wurde es landwirtschaftlich genutzt und dient heute ausschließlich als Wohnhaus.
Wirtheimer Doppelmühle auch „Wagnersche Mühle“ genannt. Bereits in der Schenkungs-urkunde Otto II von 976 an das Stift Peter und Alexander in Aschaffenburg ist von Mühlen die Rede. Im Jahre 1440 wird im Gericht Wirtheim die Existenz einer Mühle dokumentiert, gelegen an der „geilnhäuser Pforte“. 1630 wird eine Mühle kurmainzische Bannmühle. Im 30-jährigen Krieg (1634) zerstört ein Brand die Mühle, die 1688 als Mühle mit 2 Gängen wieder aufgebaut wurde. 1788 erfolgt mit Urkunde des Kurfürsten von Mainz die Teilung der beiden Mühlen. In die eine Mühle heiratete 1798 Johann Wagner ein, die andere Mühle ging über mehrere Besitzer an Heinrich Schum aus Kassel.
Reste der Stadtmauer und Tränkpforte. Hier sind noch einige erwähnenswerte Teile der Stadtmauer gut zu erkennen, so die Wirtheimer Tränkpforte. Außer dem Ober- und dem Untertor gab es diese kleine Pforte in der Stadtmauer, durch die das Vieh zur Tränke an die Kinzig gelangte, wenn abends die Haupttore schon geschlossen waren. So ersparte man sich das mühsame Wasserholen am Brunnen.
Der steinerne Bildstock war vermutlich eine Stiftung und ein Ziel für Flurprozessionen. Auf der Rückseite ist die Jahreszahl 1779, auf der rechten Kopfseite ist das „Lateinische Kreuz“ und auf der linken Kopfseite das „Lothringer Kreuz“ (weist auf die Zugehörigkeit zu Kurmainz hin) zu erkennen. Um diesen Bildstock herum befindet sich ein Massengrab, in dem 160 Tote begraben sind. Als das napoleonische Heer auf dem Rückzug 1813 nach der Schlacht bei Leipzig eine Typhusepidemie ins Dorf brachte, reichte der kleine Dorffriedhof nicht mehr aus, um die vielen Opfer zu bestatten.
Dieser Doppelturm an der Nordseite diente zur besseren Überwachung der Mauer. Er lässt die Vermutung zu, dass das Gelände zwischen Mauer und Kinzig keineswegs versumpft war, wie immer angenommen wurde. Andernfalls wäre eine solche Befestigung an dieser Stelle gar nicht notwendig gewesen. Ein gesonderter Nordausgang zur Kinzig, vielleicht sogar an diesem Doppelerker, ist nicht auszuschließen. Der breite Flusslauf lässt eine Schiffslände vermuten, da bis ins ausgehende Mittelalter die Kinzig schiffbar und Gelnhausen ein ganz beachtlicher Warenumschlagsplatz war.
Es wird vermutet, dass bereits bei der ersten urkundlichen Erwähnung 976 eine kleine Pfarrei bestand. In einem päpstlichen Schreiben wird die Pfarrei Wirtheim 1184 als herausragende Wirtschaftseinheit mit landwirtschaftlich genutzten Ländereien, Stallungen und Scheune bestätigt.
Die Einkünfte aus der Landwirtschaft, mussten zusammen mit dem Zehnten, den Schenkungen, Stiftungen und Opfergeldern an das Stift Peter und Alexander nach Aschaffenburg abgegeben werden. Der Pfarrer erhielt davon nur das für seinen Lebensunterhalt und für die Seelsorge Notwendige.
Nach der Trennung von Kirche und Staat, infolge der Beschlüsse von 1801 und 1803, verlor der Pfarrhof, wie viele andere kirchliche Güter, als landwirtschaftliche Wirtschaftseinheit an Bedeutung. Die Enteignung der Ländereien in Wirtheim erfolgte erst später (bis 1875). Die enteigneten Güter wurden an Bürger verpachtet und später wieder rückübertragen. Den Unterhalt der Geistlichen übernahm der Staat.
Im Pfarrhof selbst sind noch die Scheune und das Backhäuschen erhalten. Über den ehemaligen Schweineställen entstand 1938 das heutige „alte Jugendheim“.
Das alte Pfarrhaus wurde im 30-jährigen Krieg von plündernden Landsknechten niedergebrannt und 1658 wieder neu erbaut. Es stand im Garten vor dem heutigen Pfarrhaus, davon ist nichts mehr erhalten. Das heutige Pfarrhaus stammt aus der Zeit um 1880 und wurde am 1. September 1885 eingeweiht.
Als 976 Wirtheim erstmals urkundlich erwähnt wurde, befand sich vermutlich am Platz der heutigen Kirche eine kleine Holzkirche. Im Jahre 1184 stellte Papst Lucius III die Pfarrei Wirtheim in den besonderen Schutz des Stiftes Peter und Alexander zu Aschaffenburg. Zu dieser Zeit befand sich hier wahrscheinlich eine romanische Steinkirche. Kaiser Karl IV gestattete 1365 dem Erzbischof von Mainz, den Ort Wirtheim mit Befestigungsanlagen zu umgeben und so zu einer Stadt zu erheben. Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen dieser großen Baumaßnahmen auch der Bau der gotischen Kirche vorgenommen wurde.
Die Süd- und Westseite dieser Kirche sowie der Turm sind heute noch erhalten. 1795 erfolgte eine grundlegende Erneuerung des baufälligen Kirchturms. In den Jahren 1861 – 1862 wurde die Kirche erstmals erweitert. Durch die Erhöhung der Umfassungsmauern um 4 Fuß (ca. 1,2 m), konnte eine große Empore eingebaut werden, die über zwei Außentreppen zu erreichen war. Bei einer zweiten großen Erweiterung 1936, wurde in nördlicher Richtung ein Seitenschiff angebaut und die Apsis in östlicher Richtung um etwa 6 Meter verschoben. In den Jahren 1970 – 1971 gestaltete man das Innere der Kirche nach den Vorgaben des II. Vatikanischen Konzils um.
Auf Veranlassung des Mainzer Erzbischofs wird 1588 in Wirtheim eine Pfarrschule gegründet. Ob der Unterricht bereits damals in der „Alten Schule“ stattfand, ist nicht bekannt. Sie wird 1697 erstmals urkundlich erwähnt. Das Gebäude grenzt an den ehemaligen Friedhof an der Kirche und diente den drei Gemeinden Höchst, Kassel und Wirtheim als Schule. Außer dem Schulraum befand sich darin auch die Wohnung des Lehrers.
Als 1824 eine zweite Lehrerstelle eingerichtet wurde, erhielt die Gemeinde den Auftrag, eine neue Schule zu planen. Die „Alte Schule“ wurde für 300 Gulden verkauft und das Geld für einen Neubau am Obertor verwendet. Die „Alte Schule“ war bis Mitte des letzten Jahrhunderts Wohnhaus der Familie Kunkel und wird bis heute als Lagerhaus benutzt.
Nach der Erteilung der Stadtrechte wurde auch bald mit dem Bau des Schlosses begonnen. Das geht aus einem Text über Wirtheim in dem Band „Historische Stätten in Hessen“ hervor, wo es heißt, dass sich das Schloss bereits 1369 im Bau befand. Dieses im Renaissancestil durch den Kurfürsten von Mainz errichtete Gebäude war Verwaltungssitz des Kurfürstentums.
Zu dem Schloss gehörte ein Gut von 140 Morgen besten Landes. 1426 wird es urkundlich genannt als Herrensitz des Martin von Forstmeister als Lehen von Kurmainz. Über dem Eingang zieht ein Allianz-Wappen die Blicke auf sich: die Wolfsangel derer von Forstmeister mit dem Kreuz der Kreuzfahrer und dem Beil und Kesselhaken derer von Schleifras, darüber die alte Grafenkrone mit Blattwerk. Nach wechselnden Besitzern erwarben 18 Wirtheimer Bürger im Jahre 1808 für 17.800 Gulden das Gebäude. In der Zeit von 1997 bis 2001 wurde es renoviert und steht heute unter Denkmalschutz. Der linke Schlossteil (Schlosshof 1) ist Privatbesitz, während der rechte Teil (Schlosshof 2) nach und nach in den Besitz der Gemeinde übergegangen ist. Die ehemaligen Stallungen des Schlosses sind als Wohnhäuser umgebaut. In den ehemaligen Schlossgärten, westlich des Schlosses, sind ebenfalls Neubauten entstanden.